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Ein Artikel von «Yvonne Vogel»

Was der Labrador kann, können andere Hunde auch: sehbehinderte Menschen durch die Welt führen. In Liestal werden seit Jahren verschiedene Rassen ausgebildet. Grosspudel, Schäfer oder Goldendoodle eignen sich nämlich bestens als Führhunde.

Wie leicht begossene Pudel sitzen sie da, die vier Junghunde, die sich im Liestaler Weideli zum gemeinsamen Training für Blindenführhunde eingefunden haben. Nicht, dass sie beschämt dreinblicken, nein, sie sind durch das Herumtollen im feuchten Gras nur etwas nass geworden. Dennoch blicken die vier munter und neugierig dem weiteren Geschehen entgegen. Eigentlich wären es fünf Hunde, aber ein Labrador fehlt krankheitshalber.
Für den erst 14 Wochen alten Goldendoodle Meilo ist es das erste Junghundetraining überhaupt, die beiden Grosspudel Oli (18 Wochen) und Puck (14 Wochen) sowie Cobberdog Ole (fast 6 Monate) sind auch noch nicht lange dabei. Auf dem Ausbildungsgelände des Vereins für Blindenhunde und Mobilitätshilfen VBM machen die jungen Vierbeiner ihre ersten Schritte zu einer verantwortungsvollen Aufgabe. So ein erster Schritt – so lapidar, so entscheidend – ist das Überqueren des Gitterrostes. «Wenn der Hund das nicht lernt, ist er draussen», sagt Sabrina Heller, Trainingsleiterin und Betreuerin der Patenfamilien. Das klingt knallhart, aber wenn man bedenkt, welche «Hürden» Blindenführhunde später bewältigen müssen, ist ein strenges Auswahlverfahren wohl ein Muss.

Sicherheit und Unerschrockenheit
Doch wirklich streng geht es in der zweiwöchentlich stattfindenden «Kindergartenzeit» nicht zu und her. Die Welpen werden in spielerischen Schritten an verschiedene Umweltsituationen gewöhnt wie Treppe hoch und runter oder auf ein Wackelbrett stehen. «Es geht darum, dass die Hunde die Welt kennenlernen und Sicherheit gewinnen, damit sie später an der Seite ihres sehbehinderten Menschen selbstständig und selbstbewusst agieren können», erklärt Sabrina Heller. Nun werden Meilo, Oli, Puck und Ole nacheinander von ihren Paten über die Wippschaukel geführt. Ole macht das ohne zu zögern, schliesslich ist der Cobberdog mit knapp halbjährig vergleichsweise erfahren. Die beiden Grosspudel schnuppern kurz an der Querlatte in der Mitte und zeigen danach eine ganz leichte Irritation, als sich die Holzlatte nach der Mitte zu senken beginnt. Aber auch sie lassen sich nicht aus dem Tritt bringen. Und Meilo, der kleine Goldendoodlewelpe, wirkt auf der «Gigampfi» zwar noch etwas tapsig, aber gleichwohl schon ziemlich «tough» für sein zartes Hundealter. Unerschrockenheit ist eine Grundvoraussetzung für die Führarbeit der Hunde. Eine Eigenschaft, für die alle Retrieverartigen, allen voran die Labradore, bekannt trifft man ständig mit einem sehbehinderten Menschen in städtischen Gebieten oder Bahnhöfen an. Weniger häufig sieht man Pudel, Barbets, Schäferhunde oder Bergamasker im «Arbeitsgstältli».

Grosspudel haben sich stets bewährt, sagt Sabrina Heller: «Sie haben eine schnelle Auffassungsgabe und sind intelligent. Was sitzt, das sitzt.» Das gleiche gelte für Labradoodle, Goldendoodle oder Cobberdog, sogenannte Hybridhunde, die aus Grosspudeln und Retrievern gekreuzt wurden. Beim Australischen Cobberdog wurden zusätzlich zwei Spaniel-Rassen eingekreuzt. Diese Hybridhunde sind noch nicht als eigene Rasse anerkannt, aber sie sind auch keine Mischlingshunde, die als Führhunde problematisch seien, wie die Ausbildnerin erläutert. «Bei denen weiss man nie recht, was herauskommt und welche Charaktereigenschaften überwiegen.»

Göttis und Gotten gesucht
Geeignet, aber anspruchsvoll in der Ausbildung, sind Schäferhunde, Terrier oder Bergamasker. Der Airedale Terrier sei zwar sehr gelehrig und mutig, neige aber zu Sturheit, und benötige einige Geduld, informiert der VBM, der seit 30 Jahren Hunde unterschiedlicher Rassen zu Blindenhunden ausbildet, in seiner Broschüre. Auch der Bergamasker habe seine Tücken: «Als Hirtenhund ist der Bergamasker eigentlich nicht dazu prädestiniert, voranzuschreiten», erklärt die Hundetrainerin. Dennoch hat der VBM erfolgreich zwei Bergamasker ausgebildet.
Schäferhunde tun ebenfalls gute Dienste als Führhunde, sie benötigen aber einen erfahrenen Halter, um das Gleichgewicht zwischen Einfühlungsvermögen und Konsequenz zu halten. Thomas Wiggli wagte sich an die Herausforderung und zog einen Deutschen Schäfer auf. Das war sein zweiter Patenhund, mit Goldendoodle Meilo folgt nun bereits der dritte.
Ist es denn nicht schwierig, die Hunde nach eineinhalb Jahren wieder abzugeben und loszulassen? «Leicht fällt das natürlich nicht», sagt Wiggli. Aber man müsse halt seinen Eigennutz zurückstellen. «Und wenn man später die sehbehinderte Person mit dem Hund sieht, ist das schön.» Er sehe seine Patentiere immer wieder, erzählt er. Dürfe auch mal einen hüten, wenn die jetzigen Besitzer in den Ferien sind. Sabrina Heller begrüsst solch fortlaufende Beziehungen: «Es verwirrt den Hund nicht. In der Regel können Hunde mehrere Bindungen eingehen.»
Und gerade um den Trennungsschmerz der Patenfamilien zu schmälern, sei dies eine gute Sache. Denn Heller vermutet, das dies ein Grund sei, weshalb viele Leute vor einer Patenaufgabe zurückschrecken. «Oder es ist ihnen zu anstrengend. Denn man muss mit den Hunden an der Erziehung arbeiten. Mit ihnen Zug fahren oder ins Kaufhaus gehen.»
Für Marion Betschen aus Ehrendingen ist es ideal, zunächst einen Hund nur zur Aufzucht zu haben. Puck, der zweifarbige Harlekinpudel, ist ihr erster Hund. «So können wir schauen, ob wir überhaupt hundetauglich sind», sagt sie. Gerade für Familien sei das eine ideale Sache, alle würden davon profitieren. Und sie freut sich natürlich, wenn aus dem kleinen Puck mal ein Hund mit grosser Aufgabe und Verantwortung wird.

VOM WELPEN
ZUM BLINDENFÜHRHUND

Welpentest (ab 6 Wochen): Besuch beim Züchter, wo ein geeigneter Welpe ausgewählt wird. Dann wird die Patenfamilie gesucht.

Aufzucht (ab 10 Wochen): Der Welpe zieht bei der Patenfamilie ein und lernt im Junghundetraining die Grundpfeiler.
Ausbildung an der Schule für Blindenführhunde (ab 1 1⁄2-jährig). Die Lernzeit im Führgeschirr beginnt. Die Hunde leben bei ihren Instruktoren und trainieren täglich. Nach 2 1⁄2 bis 3 Jahren (Ausbildungszeit variiert je nach Rasse und Hund) folgt die Platzierung zur sehbehinderten Person.

Herzlichen Dank Yvonne für diesen schönen Artikel.
Dein VBM Liestal

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